18.07.2023
Zeitarbeit in der Pflege - immer mehr Pfleger sagen „Ich kann nicht mehr“
Die Landespflegekammer, die Gewerkschaft Verdi und die Krankenhausgesellschaft warnen vor einem anhaltenden und ausgeprägten Fachkräftemangel in der Pflege. Sie weisen auf eine wachsende Zahl offener Stellen hin, die nur mit einer begrenzten Zahl von Alten- und Krankenpflegekräften besetzt werden können. Diese stoßen aufgrund der hohen Arbeitsbelastung zunehmend an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. „Ich kann nicht mehr“, sagen immer mehr Pfleger und suchen nach einem Ausweg. Dabei entdecken immer mehr Fachkräfte die Vorteile der Zeitarbeit, die aber auch ihre Schattenseiten hat.
Personalmangel in der Pflege – die Situation verschärft sich
Jeder Mensch sehnt sich danach, im Alter oder bei Krankheit auf liebevolle und bestmögliche Weise betreut zu werden. Doch die tatsächlichen Bedingungen in zahlreichen Krankenhäusern und Pflegeheimen, in denen manchmal nur 2 Pflegekräfte für 30 Patienten verantwortlich sind, zeigen ein ganz anderes Bild. Der Pflegesektor ist seit Jahren von einem dringenden Personalmangel und finanziellen Druck geplagt. Dass der Personalmangel bereits gegenwärtig deutlich zutage tritt, wird durch verschiedene Daten belegt. Zum Beispiel geht die Gewerkschaft ver.di davon aus, dass zur Sicherstellung einer angemessenen Versorgung allein 110.000 zusätzliche Pflegefachkräfte benötigt werden. Prognosen gehen sogar davon aus, dass bis zum Jahr 2030 ein zusätzlicher Bedarf von 300.000 Stellen entstehen könnte. Um den Mangel an Personal in der Pflegebranche zu kompensieren, müssen die derzeit etwa 1,7 Millionen Beschäftigten oftmals unter schwierigen Bedingungen Überstunden leisten. Die resultierenden Auswirkungen sind hohe Stressbelastung, Zeitnot und zusätzliche Arbeitsstunden. Dazu kommt der Schichtdienst, der auch an Wochenenden und Feiertagen stattfindet. Sowohl die Qualität der Pflege als auch das Wohlbefinden des Pflegepersonals leiden unter diesen Bedingungen. Besonders prekär ist die gegenwärtige Lage in der Altenpflege.
Fachkräfte entdecken die Zeitarbeit als Lösungsweg
Viele Pflegekräfte berichten, dass sie sich ausgebrannt und überfordert fühlen. Der Überstundenberg würde immer größer und die fehlenden Kolleginnen und Kollegen ließen eine Urlaubsplanung kaum zu, da man ständig einspringen müsse. Um die persönliche Situation zu verbessern, entscheiden sich immer mehr Pflegefachkräfte für ein Zeitarbeitsverhältnis. Allerdings ist zu berücksichtigen: die Zeitarbeit in der Pflege bringt sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich. Zeitarbeitsfirmen werben intensiv um Pflegekräfte und locken mit attraktiven Angeboten wie einem Monatsgehalt von bis zu 7.000 Euro, einem Diensthandy, einem Firmenwagen und einer 35-Stunden-Woche ohne Nacht- und Wochenendarbeit. Solche Arbeitsbedingungen sind für regulär angestellte Pflegekräfte oft unerreichbar. Erfahrungsberichte zeigen, dass durch den größeren Personalpool der Zeitarbeitsfirmen die Urlaubsplanung für die Beschäftigten einfacher wird. Darüber hinaus sollen Überstunden nur in einem begrenzten Maße entstehen. Zu den Herausforderungen gehört, dass Pflegekräfte bei Gehaltsverhandlungen mehrere Aspekte berücksichtigen müssen. Bei der Festlegung des Lohns kommt der individuellen Aushandlung des Gehalts eine zentrale Rolle zu. Das Herausstellen der eigenen Fähigkeiten, Qualifikationen und Erfahrungen kann dabei helfen, ein angemessenes Gehalt zu erzielen. Es ist ratsam, sich mit den üblichen Gehaltsspannen vertraut zu machen. Neben einer Grundvergütung können Zuschläge, Sonderzahlungen und Weiterbildungsmöglichkeiten den Verdienst in der Zeitarbeit steigern.
Ausblick – was die Reform der Pflegeversicherung verbessern soll
Die aktuelle Reform der Pflegeversicherung hat nicht nur zum Ziel, die finanziellen Belastungen von Pflegebedürftigen zu reduzieren und die Leistungen bei ambulant betreuten Wohngruppen auszubauen, sondern auch die Arbeitsbedingungen für beruflich Pflegende zu verbessern. Das Förderprogramm für Pflegeeinrichtungen zur Förderung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Beschäftigte wurde verlängert. Außerdem wurde das mit insgesamt rund 300 Millionen Euro ausgestattete Programm zur Förderung der digitalen und technischen Ausstattung von Pflegeeinrichtungen erweitert und bis Ende der Dekade verlängert. Es bleibt abzuwarten, welche Verbesserungen sich daraus für die Pflegekräfte ergeben werden.
(Quelle: https://pixabay.com/de/photos/h%C3%A4nde-alt-alter-alten-verletzlich-2906458/)